Was ist Dein Hintergrund / Deine Story? Wie bist Du ins Musikbusiness gekommen?
Ich habe relativ früh angefangen Klavier zu spielen und gründete bereits mit acht Jahren meine erste eigene Band. Allerdings fehlte uns in der Band ein Bassist, also fing ich an E-Bass zu spielen. Mir ging es vor allem um das gemeinsame Musizieren mit Anderen. Die Verbindung mit Freunden während des Musik Machens war das, was mir Spaß gemacht hat und wichtig für mich war. Später hatte ich die Chance mit dem Jugendjazzorchester NRW weltweit auf Tour zu gehen und Konzerte zu spielen. In dieser Zeit wurde ich mir meiner wahren Leidenschaft immer mehr bewusst und ich entschied mich dafür, mein Hobby zum Beruf zu machen.
An der Musikhochschule Köln habe ich dann E-Bass und Kontrabass im Bereich Rock/Pop und Jazz studiert. Nach meinem Diplomabschluss hat es mich für den Kontaktstudiengang Popularmusik an die Hochschule für Musik und Theater nach Hamburg verschlagen, wo ich seither zu Hause bin.
Vier Jahre lang habe ich ausschließlich als Live Musiker in verschiedenen Bands gespielt. In der Band Ben Galliers habe ich meinen jetzigen Studiokollegen Christian Hartung kennengelernt. 2015 gründeten wir zusammen unsere Musikproduktionsfirma Hush Hush. Seitdem komponieren und produzieren wir in unserem Studio in der Hamburger Sternschanze in erster Linie Musik für Bewegtbild. Außerdem arbeiten wir auch immer wieder mit jungen Künstler*innen wie Lina Maly oder Lina Brockhoff zusammen.
Wie sieht Dein Job heute aus?
Neben der Studio-Arbeit mit Hush Hush habe ich 2011 mit Kolleg*innen die Jazzformation Grammophon Jazzband gegründet. Außerdem spiele ich bei Lina Maly, Antje Schomaker und anderen deutschen Künstler*innen. Ich habe dadurch das Privileg sowohl live unterwegs zu sein, als auch im Studio zu arbeiten. Zweiteres hat in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen. Jedoch kann ich mir aktuell nicht vorstellen, auf eines der Standbeine ganz zu verzichten. Der Mix aus beidem ist das was ich liebe, auch weil ich in beiden Bereichen viel Inspiration für den jeweils anderen Bereich finde.
Im Studioalltag weiß ich eine gewisse Regelmäßigkeit und Beständigkeit zu schätzen. Mein Studiopartner Christian Hartung und ich sind beide jeden Tag im Studio und haben einen ganz normalen Nine-to-Five-Tag. Ganz egal, ob gerade ein Job ansteht oder nicht: Auch ohne direkten Auftrag, gibt es immer viel zu tun. Während laufenden Produktionen entstehen immer wieder neue Ideen, damit einhergehend aber auch viele neue Fragen. Um diesen nachzugehen, fehlt es in diesen Momenten, wenn die Deadline für eine Produktion näher rückt, oft an Zeit. Solchen Themen wie bspw. Kompositionsideen, Weiterbildung und Recherche im Software Bereich von Sampling bis Mixing, aber auch alltägliches wie Marketing-Ideen und Office-Arbeit, widmen wir uns dann eher in projektfreien Zeiten.
Wie ein Auftrag konkret abläuft, ist immer sehr unterschiedlich. Bei Filmen im Dokumentation- und Fiktionsbereich ist in den meisten Fällen mehr Vorlauf und Zeit vorhanden, bis eine Musik fertig sein muss. Hier wird auf längere Strecken komponiert und produziert. Im Bereich Werbung ist es zeitlich oft enger getaktet. Da werden die Projekte manchmal innerhalb weniger Tage fertiggestellt.
Was sind die wichtigsten Skills in Deinem heutigen Job?
Natürlich sind Kompositions- und Produktionskenntnisse unverzichtbar. Abgesehen davon, sind für mich Kreativität und Flexibilität die wichtigsten Skills. Zeitliche Flexibilität, vor allem aber auch stilistische Flexibilität. Als Dienstleister muss ich mich bei neuen Projekten immer wieder mit Genres und Stilistiken auseinandersetzten, die ich mir selbst nicht ausgesucht hätte. Diese Herausforderung reizt mich sehr. Daraus entwickeln sich oft spannende neue Dinge. Dazu kommt, dass es in vielen Fällen am Anfang einer Produktion noch gar nicht ganz klar ist, wohin die Reise musikalisch geht. Wir gestalten den kreativen Prozess also durch unsere Musik mit. Natürlich sind ebenso Kompromissbereitschaft und ein gewisser Weitblick während der Produktion gefragt.
Was waren für Dich die größten Herausforderungen und Learnings bisher? Was waren „Highs” und „Lows”, die Du teilen kannst?
Ich habe für mich gelernt, dass es mir guttut, mit einem gewissen Zeitdruck zu arbeiten. So schaue ich auf das große Ganze und verliere mich nicht in Detailarbeit. Beispielsweise hilft es mir, an einer Idee von der ich zunächst nicht voll überzeugt bin, dran zu bleiben und diese weiterzuentwickeln. Oft stelle ich dann fest, dass mit dem richtigen Fokus aus anfänglichen Zweifeln, eine tolle Produktion entstehen kann.
Ab und an muss ich aber auch akzeptieren, dass bei Auftragsarbeiten die Vorstellungen auseinander gehen können. Am Ende wird nicht unbedingt immer die Version gewählt, die man selbst am besten oder passendsten findet. Ich habe das Gefühl, dass es im Dienstleistungssektor oft auch schwer ist, ausschließlich mit Qualität zu überzeugen. Kontakte und Vitamin B sind von großer Wichtigkeit.
Zurzeit komponiere und produziere ich sehr gerne für Dokumentar- und Spielfilme – hier kann ich am kreativsten sein. Es können Themen und Motive entwickelt werden, die im Film immer wieder in unterschiedlichen Kontexten und Stilen auftauchen und über den Film weiterentwickelt werden. Diese geben dem Film zusätzlich einen roten Faden und Wiedererkennungswert. Ein Highlight war da sicherlich die Amazon Dokumentation über den Radsportler Jan Ullrich, zu der wir den kompletten Soundtrack komponiert und produziert haben (hier anhören).
Welche Trends siehst Du aktuell in der Musikindustrie, die eine große bzw. wichtige Sache werden könnten?
Ganz vorne Weg sehe ich da das Thema AI. Das spielt ja bereits schon eine ganze Weile eine große Rolle, aber wird auch für uns immer präsenter. In Sachen Komposition, Produktion und Marketing wird sich da in den nächsten Jahren einiges ändern, was ich in vielerlei Hinsicht sehr kritisch betrachte. In erster Linie, weil vermutlich viele Aufgabenbereiche von Komposition über Produktion bis hin zum Mixing und Mastering von AI ersetzt werden. Dadurch fallen natürlich viele Arbeitsplätze weg. Im Bereich Urheberrecht, Copyright usw. sehe ich auch eine gewisse Problematik. Hier kann nicht mehr klar definiert werden, wer KomponistIn eines Titels ist und in Folge dessen dafür vergütet wird oder auch in Plagiatsfällen verantwortlich gemacht werden kann.
Dennoch sollte man dem Thema nicht den Rücken zukehren, denn in vielen Bereichen wird es einzelne Arbeitsschritte in Produktionen vereinfachen, sodass man sich auf andere Dinge fokussieren kann. Mir ist auf jeden Fall bewusst, dass es auch in unserem Berufsfeld wichtig ist, am Puls der Zeit zu bleiben. Daher wird für mich das Thema AI auch ein Feld sein, in dem ich mich in den nächsten Jahren weiterbilden will. Die Flexibilität im Arbeitsalltag ist auch hier gefragt.
Was wäre Dein Rat an Musiker*innen, die heute über eine Musikkarriere nachdenken oder bereits erste Schritte getan haben?
Ich finde es sehr wichtig, dass junge Musiker*innen sich so lange und viel wie möglich ausprobieren. Spiel in verschiedenen Bands; probiere Genres aus, die dich reizen; absolviere Praktika in der Musikbranche und erfahre, was es alles im Zusammenhang mit Musik gibt auf dem Arbeitsmarkt. Als ich mich entschieden habe Musik zu meinem Beruf zu machen, hätte ich nie gedacht, dass ich irgendwann als Komponist und Musikproduzent arbeite und mir das so viel Spaß machen würde.
Vielen Dank für das Interview, Felix :)
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